Kaffee

Ich lasse mir da von der Lebensmittelherstellerlobby nichts einreden: Proteine, Vitamine und Mineralstoffe sind Erfindungen von Großkonzernen, genauso wie diese Joghurtbakterienkulturen, ohne die wir angeblich in schwarzweiß durch die Welt schlurfen, und das ist ja wohl zweifellos eine dreiste Lüge. Wenn Sie dem jetzt widersprechen, dann weiß ich nicht, von welchen mir unbekannten wahrnehmungsverflachenden Nährstoffen Sie sich so ernähren, mein Körper funktioniert jedenfalls auf Koffeinbasis, und ich sehe immer alles in Multicolor.

Ich habe auch neulich erst aus verlässlicher Quelle (dem Infoscreen in der U-Bahn-Station) erfahren, dass ein ordentlicher Koffeinschock am Morgen die Gehirnzellen erst richtig auf Trab bringt. Das ergab eine vermutlich mit unseren Steuergeldern finanzierte psychologische Studie, in der eine Probandengruppe bis Unterkante Oberlippe mit Espresso abgefüllt in einem Intelligenztest gegen eine andere, stocknüchterne antrat. Die Kontrollgruppe erhielt wahrscheinlich Ost-Muckefuck als Placebo, aber das ist jetzt nur meine persönliche Vermutung.

Ich gehöre nicht zu jenen Kaffepuristen, die schmerzerfüllt wegen sich aufrollender Fußnägel das Gesicht verziehen, wenn man Starbucks auch nur erwähnt. Meist setze ich dann aus purem Sadismus noch einen drauf und schwärme vom Extra Shot Expresso im Latte Matschiato, der den Karamel-Flavour erst richtig zur Geltung bringt. Das ist nicht mal gelogen. Ich zahle auch ohne schlechtes Gewissen zweimal die Woche die Vier Euro Fuffzig, die wahrscheinlich ohne Abzug von Kaffeebauerlöhnen por completo in die Taschen eines amerikanischen Immobilienmarktgroßinvestors wandern, und jammere auch trotzdem über meine studentische Dauerfinanzkrise. Man muss die kognitive Dissonanz eben auch mal kognitive Dissonanz sein lassen.

Mit der Brühe von der Unicafeteria habe ich aber dagegen eher schlechte Erfahrungen gemacht. Jetzt nicht, weil sie immer höchstens lauwarm und viel zu dünn ist, dafür ist sie ja billig. Mir ist es aber zweimal passiert, dass so ein Rastlockenschluri vor mir seinen Becher hat fallen lassen, der knapp einen halben Meter von meinen Füßen entfernt auf dem Boden landete. Da half es dann auch nicht, dass Mister Jamaika, unverständliche Entschuldigungen murmelnd, zum Tempo griff und unbeholfen an meinen Schuhspitzen herumtupfte, das Problem war ja eher das übelriechende Kuhmuster auf der weißen Hose, in der ich noch vier Seminare überstehen musste.

Einmal habe ich es auch ganz ohne fremde Hilfe geschafft, mich von Kopf bis Fuß mit Kaffee zu übergießen. Selbiger befand sich zu Beginn der Vorlesung noch im Pappbecher, ein Großteil davon auch noch kurz vor Vorlesungsschluss, als ich beschloss, mich möglichst unauffällig und lautlos vorzeitig aus dem Saal zu schleichen. Eine ungeschickte Bewegung mit dem Ellbogen genügte und der Inhalt ergoss sich weiträumig quer über die Bank, auf mich, und auf die Kommilitoninnen vor mir, die alles andere als unauffällig und lautlos losquieckten. Ich habe mir selten dringlicher gewünscht, im Erdboden zu versinken.

11 Antworten so far »

  1. 1

    dolce vita said,

    Kaffee. Eins meiner Lieblingsthemen. Den Genuss in Italien gelernt, die Sucht während meines Jobs im Coffee Shop. Dort auch gern mit Siruozeug. Inzwischen bin ich aber wieder Purist. Vormittags Cappuccino. Latte Macchiato etc. no! Zu viel Milch. Und nachm Essen Espresso. Mhmmm. *schlürft am Frühstückscappuccino*

  2. 2

    S.T.Tick said,

    Für mich mit viel Milch und Zucker. In Italien war ich nie, dafür in Frankreich. Da ist nicht nur der Käse besser, sondern auch der Kaffee. Oder liegt das am Flair der netten kleinen Straßencafés?

    Hab auch mal jobmäßig Kaffee ausgeschenkt, allerdings gratis (also der Kaffee, ich wurde schon entlohnt) und auf zugigen Bahnsteigen.

  3. 3

    Kathi said,

    Ich liebe Cappucino. Leider ist das Preis/Leistungsverhältnis meistens eher schlecht als recht. Kaffee trinke ich selten, meistens in der Uni. Bei uns schmeckt der für 80 Cent ganz passabel, aber derzeit geht das Gerücht um, man würde weniger Kaffee für das gleiche Geld bekommen.

    Übrigens geht nichts über kleine versteckte Cafès in Wien. Die Melange ist einfach super und das Glas Wasser dazu finde ich sowieso toll. Mit einem Glas Leitungswasser den Durst stillen um dann den Kaffee richtig zu genießen. Schade, das es diese Tradition nicht in Deutschland gibt.

  4. 4

    gaggadu said,

    Kaffeeee ist echt das TOLLSTE! Das ist doch DIE perfekte Gelegenheit sich mit seinen Freundinnen zu treffen. hö hö
    …und die Krönung ist mal wirklich café au lait in Fronkreisch in nem Straßencafé – der Himmel auf Erden 🙂

  5. 5

    Mhhh, Kaffee … Aber was ich im Moment noch mehr vermisse, ist suesse, feine, leckere, zart auf meiner Zunge schmelzende, Endorphine entladene, koestlich im Mund vertreilte KINDERSCHOKOLADE !!!
    Schoki in Amerika ist wirklich schrecklich …

  6. 6

    S.T.Tick said,

    @Kathi: Gegen 80 Cent kann man wirklich nichts sagen. Und die Verknappung der Rationen scheint im ganzen Land um sich zu greifen, das ist mir hier auch schon aufgefallen.
    @gaggadu: Ohh herrlich, Klatsch und Tratsch im Café… „und da saacht mein Kollesche…“ Wieso hast du deinen Namen eigentlich nicht verlinkt?
    @schwindelfrei: Nein, welche Entbehrungen! Sag mir, wo genau du wohnst, und ich schick einen Rosinenbomber mit Kinderschoki-Care-Paketen!

  7. 7

    gaggadu said,

    @S.T.Tick: und jetzt und jetzt und jetzt? Ist mein Name da?

    Ich bin doch noch ganz neu und hab noch net so viel Ahnung *mitRehAugenguck* 😉

  8. 8

    Hempfield, Landisville, Pennsylvania, USA 😉 … Hier gibt es so viel Erdnussbutterprodukte und -suessigkeiten. Irgendwann kann man das nicht mehr sehen 😛

  9. 9

    gaggadu said,

    @schwindelfrei: Ich beneide dich schon n bissl – wäre auch gerne weg 🙂
    ….aber wegen de Erdnussgedöns beneide ich dich nicht – ich bin dagegen allergisch und würde wahrsch(w)einlich eingehen 😉

  10. 10

    S.T.Tick said,

    @schwindelfrei: „Irgendwann kann man das nicht mehr sehen“: Ääh, Moment, trügt mich mein Gedächtnis oder bist du erst so seit einer knappen Woche dort? 😉 Meine Herrn, da muss ich wohl wirklich ein Päckchen schicken nach Pencil…Dings… Ich war übrigens mal mitten in meiner vegetarischen Phase einen Monat in Argentinien. DAS war hart.
    @gaggadu: Top, jetzt bist du grün, Link funktioniert.

  11. 11

    So, im Moment habe ich ganz essbare Alternativen gefunden. Leider geht es in einer Woche schon wieder zurueck. Aber zuvor stehen noch NY und Washington an 🙂


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